„Wenn Geld schmilzt und der steinreiche Lech im Käfig fließen muss“

Bericht vom 2. Wassersymposium in Landsberg


„Oh Lech, welch Pech“. Mit diesem Satz beschließt der Dichter Hans Schütz den eindrücklichen Film von Heinz Förder über den Lech, der zu Beginn des 2. Wassersymposiums in Landsberg zu sehen ist. Während die Wirtschaft in der Region auch durch den Strom der Wasserkraftwerke auf eine bemerkenswerte Entwicklung zurückschaut, wird im Film deutlich, welchen Preis die Stauseenkette auf Dauer für die Region hat: Zur Stabilisierung der Flusssohle müssen Tonnen von Kies in das Flussbett eingebracht werden, die Artenvielfalt ist seit Vergabe der Konzessionen an die Kraftwerksbetreiber erheblich zurückgegangen, das ursprünglich reichliche Angebot der heimischen Fische Huchen und Nasen ist allein wegen der engagierten Akteure in den Fischereivereinen noch nicht ganz verschwunden.

Kunst trifft auf Wissenschaft – erst ein anderes Denken, Fühlen und Entscheiden ermöglicht, mit dem Gemeingut Wasser verantwortlich umzugehen: Bildende Kunst, Klangperformance und ebenso Wissensvermittlung bis zum Rand der Aufnahmemöglichkeiten der Teilnehmerinnen wird Auslöser für viele neue, wertvolle Ansätze an diesem Tag.

Die Künstlerinnen (v.l.) Sabinka Knoll-Ehlich, Anka Draugelates, Doro Heckelsmüller durchweben das Symposium mit verschiedenen WasserKlangPerfomances

„Wir wollen die Donau bis 2042 trinkbar machen!“ Julia Winderlich vom Verein „Pure Water for Generations e.V.“ aus Breitbrunn berichtet von 101 „Wassertagen“ mit Schulen im Jahr 2023, im Rahmen derer 5000 Kinder und Jugendliche inspiriert wurden, für die Ressource Wasser aktiv zu werden.

„Welches Ziel verfolgen wir? Wirtschaften wir, um Gewinne zu machen oder um die Bedürfnisse der Menschen (und aller Kreatur) zu erfüllen?“ Der bekannte Referent und Autor Christian Felber (u.a. „Gemeinwohl-Ökonomie“, „This is not Economy“) wirbt für ein Wirtschaftsmodell, das Geld als Mittel zum Zweck einsetzt, wie es auch die Bayerische Verfassung im Artikel 151 festlegt: „Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient dem Gemeinwohl.“ Planetare Grenzen waren 1949 noch nicht im Blick, heute sind sie wichtig. Christian Felber zitiert Forschungen des Stockholm Resilience Institute, das mit Ausnahme der – ebenfalls durchaus kritischen – Dimensionen Ozonschicht, Luftverschmutzung und Ozeanversauerung in allen anderen untersuchten Dimensionen die Überschreitung der planetaren Grenzen feststellt: Stoffkreisläufe (Stichwort: Überdüngung), Wasser (Grundwasser und pflanzengebunden), Landnutzung (Abholzung und Flächenversiegelung), Biosphäre (Genetische Vielfalt und Ökosystemfunktionen) und Klimawandel.

„Es macht also Sinn, alle Akteure in Politik und Wirtschaft ihren Beitrag zum Gemeinwohl bilanzieren zu lassen.“ Die Frage aus dem Publikum, was denn dabei „zum Wirtschaftswachstum beitrage“ zeigte mögliche Zielkonflikte in den Köpfen auf, aber auch wie wichtig es ist, dass Wirtschaft dem Gemeinwohl dient – und nicht umgekehrt. „Ich wünsche mir, dass der Lech frei fließen kann, so wie wir uns auch frei bewegen wollen“ fasst Christian Felber am Ende seine Eindrücke zusammen.

Nebendran schmilzt das Eis und Geld beginnt zu fließen. Der Künstlerin Anka Draugelates gelingt eine Installation, die symbolisch Geld aus dem gefrorenen Block befreit, um es wieder seiner Bestimmung zuzuführen, dem Wohl der Menschen und der Kreatur zu dienen. Sie möchte „dass das Geld im Fluss bleibt“, „wenn’s gefroren bleibt ist es festgehalten, wenn’s durch viele Hände geht… dann macht es Sinn!“. Und der Lichteinfall macht die Geldkunst besonders zauberhaft.

„Lokale Temperaturunterschiede hängen stark zusammen mit der Oberflächenbeschaffenheit und Vegetation.“ Stefan Schwarzer, Referent und Mitautor (Die Humusrevolution, Aufbäumen gegen die Dürre) zeigt faszinierende Bilder. An einem sonnigen Februartag misst er zum Beispiel 19°C über der Erdoberfläche, der kleine Löwenzahn direkt daneben: 14°C. Man möge sich vorstellen, dass ein einziger Baum die Kühlung von zehn Klimaanlagen bietet. Seine Messungen legen die Erkenntnis nahe, dass etwa ein Drittel der Klimaerwärmung mit Vegetationsmanagement kompensierbar wäre: „Die Landwirte haben tatsächlich in der Hand, welche Entwicklung wir bekommen.“

„Wir mussten in ein Hochwasserrückhaltebecken investieren, der funktionsfähige Auwald mit den vom Lech selbst gezogenen Gräben hätte sich dafür eigentlich angeboten,“ berichtet der Bürgermeister von Scheuring Konrad Maisterl, und man spürt dabei den Schmerz über das unnötig ausgegebene Geld. Im Anschluss lädt Peter Satzger vom Bund Naturschutz ein, sich im Vorfeld der Neuvergabe der Konzessionen für den Lech einzusetzen: „Wir brauchen jetzt eine Allianz für den Lech.“

„Der Lech ist unsere Lebensgrundlage!“ Dr. Nico Döring hat wesentlich zur Renaturierung der Isar beigetragen und fasst zusammen: „Die Menschen vor Ort tragen Schäden, die öffentliche Hand trägt Kosten, während Konzerne, die nicht vor Ort sind, Gewinne damit machen.“ Er fordert eigentlich Selbstverständliches: Transparente Kosten-Nutzen Bilanzen, regionale Partizipation, Transparenz der Geldflüsse aller Begünstigten (Konzerne, Kommunen, Verbände u.a.). „Sauberes Wasser, Natur und Gesundheit sind Dinge, die wir erst schätzen, wenn sie fehlen.“

Die Teilnehmerinnen dokumentieren ihre Wünsche für das Wasser, Kunstprojekt von Catharine Hölzel im Lechsaal.

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion entlockt Moderator Wilfried Knorr den Referenten einen jeweils Satz, was sie dem Wasser wünschen. Übereinstimmend stellen sie fest, dass es der Lech verdient, frei zu fließen und seinem Namen alle Ehre zu machen: Licca heißt ursprünglich „der Steinreiche“.

Das 3. Wassersymposium in Landsberg 2025 wird folglich im Zeichen politischer Entscheidungsträger stehen: Wird es ein Recht für den Fluss geben, wie es an der Loisach bereits angestrebt wird? In welcher Form ist der Rückbau von Staustufen für den Transport des notwendigen Kiesgeschiebes umsetzbar? Welche Auflagen wird der zukünftige Betreiber eines Wasserkraftwerks mit Vergabe der neuen Konzessionen ab 2034 bekommen? Wie können Bürger und Kommunen an diesem Prozess beteiligt werden? Wer kommt als Betreiber überhaupt in Frage?

Nach Abschluss des Symposiums werden diese und weitere Fragen gesammelt, die gezielt verantwortlichen Entscheidern vorgelegt werden sollen mit dem Ziel, 2025 Einflussmöglichkeiten und Ergebnisse für eine nachhaltige Entwicklung des Lechs anzustoßen.

„Das 2. Wassersymposium in Landsberg war eine wunderschöne Veranstaltung! Eine tolle Mischung aus Spiritualität und Wissenschaft, die ich so noch nie erlebt habe!“ resümierte Martin Rasper, und Saro Ratter fasste es so zusammen: „Das war eine grandiose Mischung aus Vorträgen, Kunst und persönlichen Begegnungen, schade für alle, die nicht dabei sein konnten.“

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Author: MMR_Admin

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